Weiterführung eines deutschen Unternehmens nach der Auswanderung

1. DEFINITION

Nach § 12 Satz 2 Nr. 1 AO ist insbesondere „die Stätte der Geschäftsleitung“ als Betriebsstätte anzusehen. Das ist gerade für digitale Unternehmen entscheidend. Wenn keine weitere Betriebsstätte in Deutschland besteht, ist der Ort der Geschäftsleitung i.d.R. die einzige Betriebsstätte des deutschen Unternehmens und diese wird dann meist am Wohnsitz des Unternehmers bzw. Geschäftsführers angenommen. Was musst du bei der Weiterführung deines deutschen Unternehmens nach der Auswanderung unbedingt beachten? Und wie wirkt sich die Weiterführung von deinem Unternehmen nach der Auswanderung aus?

2. DIE AUSWIRKUNGEN

Für Auswanderer kann die Bestimmung des Orts der Geschäftsleitung gravierende Auswirkungen haben. Wenn angenommen wird, dass durch die Auswanderung die Betriebsstätte ins Ausland verlagert wird, führt das zu den gleichen Konsequenzen wie die Verlagerung des Geschäftsbetriebs. Also der Besteuerung einer Funktionsverlagerung bzw. Entstrickung inkl. der entsprechenden Meldepflichten.

Wenn dann keine Betriebsstätte mehr in Deutschland vorhanden ist, löst das eine „Zwangs-“ Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3a EStG aus. Das ist insbesondere bei Einzelunternehmen relevant, da hier regelmäßig von einem Ort der Geschäftsleitung am Tätigkeitsort bzw. Wohnsitz des Unternehmers ausgegangen wird. Im Gegensatz zu einer Personengesellschaft, bei der die Geschäftsführung einem anderen Gesellschafter übertragen werden kann (vgl. § 710 BGB) und einer Kapitalgesellschaft, bei der man einen anderen Geschäftsführer benennen kann.

Bei einer Kapitalgesellschaft kann die Verlagerung des Orts der Geschäftsleitung ins Drittland vergleichbar zu einer „Zwangs-“ Liquidierung nach § 12 Abs. 3 KStG führen.

Außerdem muss bei der Weiterführung von deinem Unternehmen nach der Auswanderung neben der Sicht des deutschen Finanzamtes auch die Sicht des Finanzamtes im Ausland beachtet werden. Insbesondere bei Begründung eines neuen Wohnsitzes im Ausland, wird der neue Ansässigkeitsstaat ein Interesse daran haben, das deutsche Unternehmen zu besteuern. Dazu müsste nur eine Betriebsstätte im neuen Staat angenommen werden. Schließlich dürfte ein (wesentlicher) Teil der zukünftigen Wertschöpfung bzw. der Geschäftsleitung im neuen Staat erbracht werden. Das ist insbesondere bei Staaten mit ähnlichen Regelungen wie Deutschland der Fall. Das hätte zudem im Regelfall massive Auswirkungen auf die Umsatzsteuer.

Ohne neuen Wohnsitz könnte ein anderer Staat das doch recht theoretische Steuersubjekt einer wandernden Betriebsstätte annehmen und damit zumindest eine beschränkte Steuerpflicht auslösen.

3. WEITERE HINWEISE

In unserem Online-Programm wird die Fragestellung, wo eine Betriebsstätte für ein deutsches Unternehmen nach der Auswanderung vorliegt, im Zusatzmodul: „Weiterführung eines deutschen Unternehmens nach der Auswanderung“ geklärt und verschiedene Vermeidungsstrategien diskutiert.

Was genau unter dem gewöhnlichen Aufenthalt zu verstehen ist, erklären wir in diesem Fachartikel. Was du beachten musst, wenn du deinen Wohnsitz abmelden möchtest, erfährst du hier.

Hier kannst du die einzelnen Gesetzestexte nachlesen:

  • § 12 Satz 2 Nr. 1 AO „Als Betriebstätten sind insbesondere anzusehen:1. die Stätte der Geschäftsleitung, ….“ 
  • § 16 Abs. 3a EStG „(3a) Einer Aufgabe des Gewerbebetriebs steht der Ausschluss oder die Beschränkung des Besteuerungsrechts der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung sämtlicher Wirtschaftsgüter des Betriebs oder eines Teilbetriebs gleich; § 4 Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.“
  • § 710 BGB „Ist in dem Gesellschaftsvertrag die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern übertragen, so findet die Vorschrift des § 709 entsprechende Anwendung.“
  • § 12 Abs. 3 KStG „(3) 1Verlegt eine Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz und scheidet sie dadurch aus der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat aus, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, gilt sie als aufgelöst, und § 11 ist entsprechend anzuwenden. 2Gleiches gilt, wenn die Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung infolge der Verlegung ihres Sitzes oder ihrer Geschäftleitung als außerhalb des Hoheitsgebietes der in Satz 1 genannten Staaten ansässig anzusehen ist. 3An die Stelle des zur Verteilung kommenden Vermögens tritt der gemeine Wert des vorhandenen Vermögens. 4Dieser Absatz ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass allein der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union nicht dazu führt, dass eine Körperschaft, Vermögensmasse oder Personenvereinigung dadurch als aus der unbeschränkten Steuerpflicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgeschieden gilt oder als außerhalb der Europäischen Union ansässig anzusehen ist.“

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